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Schatten der Vergangenheit: mit Julie Héraclès zwischen den Zeilen der Geschichte

Wir schreiben den 16. August 1944. Frankreich ist geplagt vom Krieg und der damit einhergehenden Stimmung in der Bevölkerung: Es ist eine Zeit, beherrscht von Unmut und Zweifeln. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen sind heute, wie damals, ein präsentes Thema und von großer Bedeutung. Auch Julie Héraclès hat diese Brisanz erkannt und sich deshalb für ganze drei Jahre nach La Réunion begeben, um dort ihren Roman »Ihr kennt mich nicht« zu schreiben.

Mit Julie Héraclès zwischen den Zeilen der Geschichte

Geboren in Chartres, widmet sie sich darin einer der oftmals unerzählten Geschichten des Zweiten Weltkrieges. Durch die Augen der »Geschorenen von Chartres«, einer Frau, die als Täterin der Zeitgeschichte galt, bietet Héraclès einen facettenreichen Blick auf menschliche Entscheidungen unter extremen Bedingungen. Die Rede ist von Simone Touseau, die 1944 in den Straßen von Chartres gedemütigt wurde. Ihr Schicksal wird zum Brennpunkt einer Auseinandersetzung mit Fragen der Moral, der Liebe und des Überlebens. 

Julie Héraclès wählt in ihrem neuesten Buch eine narrative Perspektive, die es erlaubt, die Gedanken ihrer Protagonistin zu erkunden, ohne dabei deren Entscheidungen zu beschönigen. Inspiriert ist ihr Roman von dem ergreifenden Foto »La Tondue de Chartres«.  Darauf zu sehen ist die mit einem Hakenkreuz gebrandmarkte, kahlrasierte Simone Touseau – eine Nazikollaborateurin. In »Ihr kennt mich nicht«, wird sie zum Ausgangspunkt einer intensiven Betrachtung individueller Schicksale im Krieg.  Julie Héraclès Ziel ist es, das Schweigen um die Komplexität von Kollaboration und Widerstand zu durchbrechen und einen Diskurs anzustoßen, der weit über die Literatur hinausgeht. Sie fordert ihre Leser*innen heraus, sich mit den Schattenseiten der menschlichen Natur auseinanderzusetzen und diese entsprechend einzuordnen.

Die literarische Welt hat diese Herausforderung angenommen und »Ihr kennt mich nicht« jüngst mit dem Prix Stanislas für den besten Debütroman und dem Prix du Roman FNAC ausgezeichnet. Kritiker*innen loben Héraclès’ Roman vor allem für seine subtile Erzählkraft und die schonungslose Darstellung der Protagonistin, wobei die Grenzen zwischen historischer Faktenlage und literarischer Interpretation geschickt navigiert werden. 

»Ihr kennt mich nicht« von Julie Héraclès fordert uns dazu auf, ein dunkles Kapitel unserer Geschichte erneut aufzuschlagen und dabei von menschlichen Reaktionen und Handlungen in herausfordernden Zeiten zu lesen.

 

Ihr kennt mich nicht

Was macht eine junge Französin zur Nazi-Kollaborateurin?

»Ihr kennt mich nicht« von der französischen Autorin Julie Héraclès ist ein fiktiver biografischer Roman – nach einer wahren Begebenheit, die sich am 16. August 1944 in Chartres ereignete.

»Heute haben sie mir den Kopf rasiert und mich gebrandmarkt, und jetzt beleidigen sie mich. Aber Sie werden mich nicht zerstören. Denn ich bin mit einem unschätzbaren Schatz ausgestattet. Einem Schatz, den viele von ihnen ein ganzes Leben lang suchen und niemals finden. Ich habe geliebt. Und ich bin geliebt worden. Es ist egal, was mit mir am Ende dieses Tages passiert. Ich bemitleide die, die mich hassen, denn sie wissen nichts über mich.«

So könnte es gewesen sein: ein bewegender historischer Roman, inspiriert vom weltberühmten Foto »La Tondue de Chartres« (»Die Geschorene von Chartres«)

Am 16. August 1944 wird die 24-jährige Simone Touseau kahlgeschoren, auf der Stirn mit einem Hakenkreuz gebrandmarkt und anschließend durch die Straßen von Chartres getrieben. Man wirft ihr »horizontale Kollaboration« mit den Nazis vor. Der Kriegsfotograf Robert Capa hält fest, wie Simone ihr Baby durch einen johlenden Mob trägt.

Aber was denkt und fühlt die Frau auf dem Foto? Wie wurde sie zu einer Kollaborateurin? Und welches Geheimnis gibt sie nicht preis? Diesen Fragen geht Julie Héraclès nach, ohne zu verurteilen oder einfache Antworten zu geben.

Unterhaltung mit Tiefgang für Leser*innen von Mechtild Borrmann und Susanne Abel

Julie Héraclès wirft einen bemerkenswert differenzierten Blick auf eine Zeit, die vielen Menschen alles abverlangt hat. In Frankreich wurde ihr historischer Roman bereits mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet.

»Dieses Buch entschuldigt nichts. Es verurteilt nichts. Es hebt lediglich die Komplexität von Beweggründen hervor für menschliche Handlungen in unsicheren Zeiten.« Le Parisien

Gebundene Ausgabe 24,00 €
E-Book 19,99 €

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